Frauen zeigen in Cannes ihr Gesicht, Männer ihre Filme.
In der Le Monde vom 11. Mai 2012 erschien ein Aufruf, den die Filmemacherin Coline Serreau, die Schriftstellerin Virginie Despentes und die Schauspielerin Fanny Cottençon verfasst haben.
Initiiert von der Gruppe La Barbe – feministische Aktionsgruppe.
Gegen Sexismus in Cannes, gegen fortwährende positive Diskriminierung.
Der Aufruf in deutscher Übersetzung:
„Was hat sich am Kino verändert? Alles!“, rief Gilles Jacob, Präsident des Festivals von Cannes, bei der Vorstellung der ausgewählten Filme für die 65. Festspiele. Alles?!
Für einen Augenblick spürten wir ein Erzittern. Zu Unrecht, denn die zweiundzwanzig Filme im Wettbewerb sind – durch einen glücklichen Zufall – von zweiundzwanzig Männern gedreht worden. Auch dieses Jahr wird also, wie 63 Mal zuvor, einer von ihnen mit der Goldenen Palme ausgezeichnet werden. Auch dieses Jahr werden wieder ausnahmslos die männlichen Werte, die die Größe der Siebten Kunst ausmachen, verteidigt.
Nur ein einziges Mal, 1993, erhielt eine Regisseurin die Auszeichnung: Jane Champion. 2011 hatten sich vier Frauen unter die zwanzig Nominierten des Wettbewerbs geschlichen. Zweifellos hatte da jemand nicht aufgepasst. Thierry Frémeaux, der Festivalleiter, beeilte sich damals auch zu bemerken: „Das ist das erste Mal, dass so viele Frauen dabei sind.“ Schuld beladene Schwäche! Umso unentschuldbarer, als bei der Verleihung der Césars im gleichen Jahr weder in der Kategorie „Bester Film“ noch in der Kategorie „ Beste Regie“ auch nur eine einzige Frau nominiert worden war. Weiterlesen